23. Dezember 2022 / Aus aller Welt

Leichen verwechselt – Muslim aus Versehen eingeäschert

Im islamischen Bestattungsritus gelten Feuerbestattungen als Tabu. Ein Muslim ist an der Medizinischen Hochschule Hannover nun dennoch aus Versehen eingeäschert worden. Die Polizei ist eingeschaltet.

An der Medizinischen Hochschule Hannover wurden zwei Leichen verwechselt.

Nach einer Verwechslung von zwei Leichen an der Medizinischen Hochschule Hannover ist aus Versehen ein Muslim eingeäschert worden. «Die MHH bedauert die Verwechslung zutiefst, unser Mitgefühl gilt den Angehörigen», sagte ein Sprecher der Medizinischen Hochschule. Feuerbestattungen gelten im islamischen Bestattungsritus als Tabu. Die Polizei ist eingeschaltet.

Die Leiche des 71 Jahre alten türkischen Staatsbürgers war am vergangenen Freitag im Krematorium verbrannt worden, wie die «Hannoversche Allgemeine Zeitung» berichtete. Eigentlich sollte der Leichnam eines 81-Jährigen aus der Region Hannover eingeäschert werden. Am Montag war dann die Beisetzung mit der Urne und dem falschen Verstorbenen. Die Leichen waren nach dpa-Informationen Anfang Dezember in der MHH verwechselt worden. Der Irrtum wurde bemerkt, als der vermeintliche Leichnam des 71-Jährigen für die Beisetzung vorbereitet werden sollte.

Keine strafrechtlichen Ermittlungen

Die Angehörigen des irrtümlich verbrannten 71-Jährigen haben die Polizei eingeschaltet. «Wir stehen im Austausch mit den Angehörigen beider Familien», bestätigte ein Sprecher der Polizei Hannover. Es gebe keine strafrechtlichen Ermittlungen, da es keinen Hinweis auf eine vorsätzliche Tat gebe. «Wir betrachten aber die Arbeitsabläufe bei den Obduktionen in der MHH», sagte der Sprecher.

Der Landesverband der Muslime, Schura Niedersachsen, zeigte sich entsetzt. Die Verantwortlichen der MHH müssten den Fehler lückenlos sachlich aufarbeiten, forderte der Vorsitzende Recep Bilgen in einer schriftlichen Mitteilung. Er kritisierte das Handeln der MHH als «leichtsinnig und verantwortungslos». Zu dem Leid der Hinterbliebenen sei nun ein weiteres hinzugekommen. Gerade für die muslimische Familie sei dieser Vorfall besonders schwerwiegend, da nach islamischen Glaubensvorschriften Tote nicht eingeäschert werden dürfen. Die Medizinische Hochschule wollte sich zu dem Vorwurf der Schura nicht äußern.

Die Geschäftsführerin des türkischen Moscheeverbandes Ditib in Niedersachsen und Bremen, Emine Oguz, äußerte sich in einer schriftlichen Stellungnahme ähnlich. Sie sagte, allein das Bedauern des Falles sei nicht ausreichend. «Wichtig ist nun, dass alle verantwortlichen Stellen gemeinsam für Aufklärung sorgen müssen, damit dieser unverzeihliche "Fehler" nicht nochmal vorkommt.»


Bildnachweis: © Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild
Copyright 2022, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Meistgelesene Artikel

Polarlichter bringen Deutschlands Nachthimmel zum Leuchten
Aus aller Welt

Polarlichter haben am Wochenende für ein buntes Spektakel am Nachthimmel über Deutschland gesorgt. Auslöser dafür war ein extrem starker Sonnensturm.

weiterlesen...
19-Jährige tot in Kofferraum - Verdächtiger festgenommen
Aus aller Welt

Eine 19-Jährige liegt tot in einem Kofferraum. Die Polizei geht von einem Gewaltverbrechen aus. Ein Verdächtiger ist inzwischen festgenommen. Doch viele Fragen sind noch offen.

weiterlesen...
Wintereinbruch und Glätte-Unfälle in Bayern
Aus aller Welt

Winter im April: Schnee, Graupelschauer und Blitzeis haben den Freistaat am Wochenende heimgesucht - mit Folgen auf den Straßen.

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

Hochwassernacht im Saarland - Scholz versichert Solidarität
Aus aller Welt

Der Kanzler macht sich nach den Unwettern im Saarland selbst ein Bild von der Lage. Konkrete finanzielle Hilfen des Bundes kündigt er nicht an, spricht aber von einer «Praxis der Solidarität».

weiterlesen...
Warum Fäkalien Großbritanniens Küste verpesten
Aus aller Welt

Kaum ein Land in Europa hat so viel Küste wie das Vereinigte Königreich. Doch die «Great British Seaside» wird zunehmend von Abwasser verschmutzt. Die Gründe dafür sind haarsträubend.

weiterlesen...
Neue Überschwemmungen in Afghanistan
Aus aller Welt

Vergangene Woche hatte Afghanistan nach Überschwemmungen über 300 Tote gemeldet. Nun hat heftiger Regen eine weitere Region unter Wasser gesetzt. Das Krisenland ist auf Extremwetter kaum vorbereitet.

weiterlesen...