18. September 2021 / Aus aller Welt

Massiver Coronaausbruch nach 2G-Party in Münster

Eine Partynacht in Münster wird zum Superspreader-Event. Obwohl alle Teilnehmer offenbar geimpft oder genesen waren. Ist 2G also schon wieder am Ende? So einfach ist es nicht.

Menschen feiern in einem Club.

Freitagabend vor zwei Wochen in einem Club in Münster: 380 Frauen und Männer treffen sich zum Feiern und Abtanzen nach einer langen Arbeits- und Studienwoche.

Die meisten von ihnen sind Anfang oder Mitte 20 - und alle haben an der Tür angegeben, vollständig gegen Corona geimpft oder von der Krankheit genesen zu sein. Sie halten sich also an die sogenannte 2G-Regel, die Voraussetzung für den Zutritt ist. Trotzdem wird es eine Partynacht mit Folgen.

Denn wenige Tage später häufen sich bei den Partygästen die Corona-Infektionen - wenn bislang auch nur milde oder gar keine Symptome aufgetreten sind. Erst meldet die Stadt Münster 26 Infizierte, dann steigt die Zahl immer weiter, aktuell sind es 85 und ein Mitarbeiter des Clubs (Stand 17.9.). Das ist mehr als jeder fünfte Party-Teilnehmer. Wie kann das sein? Zeigt das Superspreader-Event etwa, dass 2G (nur Geimpfte und Genesene kommen rein) im Kampf gegen die Pandemie gar nicht besser ist als 3G (auch Getestete kommen rein)? Steht möglicherweise gar nicht der Schutz bei 2G im Vordergrund, sondern die Schikane von Ungeimpften, wie mancher vermutet?

Lauterbach befürwortet weiterhin 2G-Regel

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat in Bezug zu den Geschehnissen in Münster eine klare Meinung: «Spricht das gegen 2G? Nein, klar dafür. Ohne 2G wären viel mehr Partybesucher schwer erkrankt», teilte er kürzlich mit.

Eine Party mit mehreren hundert Gästen - kaum Platz, laute Musik, Gespräche ohne Abstand, vielleicht sogar lautes Mitsingen - all das bringe für ein infektiöses Aerosol ein ideales Umfeld, sagte Bernd Salzberger, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, der Deutschen Presse-Agentur. Die Partynacht von Münster sei deshalb eine «Sondersituation».

Wenn nur einer oder zwei der Gäste frisch infiziert sind, seien gerade bei der besonders ansteckenden Delta-Variante der Krankheit Infektionen auch bei Geimpften und Genesenen möglich. Denn bei Delta-Infektionen sinke der Impfschutz, die Wahrscheinlichkeit eines sogenannten Impfdurchbruchs steige rapide an.

Falsche Angaben der Gäste zu ihrem Impfstatus als Erklärung schließt die Stadt nach jetzigem Stand aus. Bisher hätten keine Verstöße bei den von Infizierten eingeforderten Impfnachweisen festgestellt werden können, erklärte die Pressestelle der Stadt Münster. An den baulichen Voraussetzungen könne es auch nicht liegen: Die Lüftungsanlagen des Clubs überträfen laut Wartungsfirma sogar die Anforderungen. Und die deutliche Mehrzahl der Gäste sei mit den gegen Delta besonders wirksamen mRNA-Impfstoffen geimpft, teilte die Stadt mit.

Impfung schütze, wo Infektion nicht zu verhindern sei

Also sei zu folgern, dass Partynächte in Clubs oder Discos auch mit 2G nicht infektionsfrei möglich seien, sagte Salzberger - vielleicht anders als in Restaurants, wo mehr Abstand gehalten werde. Allerdings sei ja keiner der Teilnehmer schwer krank geworden. Die Impfung schütze also auch da, wo eine Infektion nicht zu verhindern sei, vor schweren Verläufen.

Die Frage der Sicherheit durch 2G-Regeln ist brisant, schließlich haben zahlreiche Länder wie Hessen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Sachsen 2G-Hürden für Veranstaltungen in Innenräumen angekündigt. Bei rechtlichen Überprüfungen würden womöglich Niederlagen vor Gericht drohen, wenn diese gravierenden Freiheitseinschränkungen für Nichtgeimpfte nicht durch einen klaren Nutzen zu rechtfertigen wären.

Der Münsteraner Krisenstabsleiter Wolfgang Heuer zog sein eigenes Fazit: «Dass sich Personen trotz Immunisierung auch weiterhin anstecken und zu Überträgern werden können, ist bekannt», sagte er der dpa. «Klar ist aber auch, dass die Schutzimpfung das Risiko einer schweren Erkrankung extrem reduziert.» Die Ansteckungsserie zeige erneut die enorme Bedeutung der Schutzimpfung - und dass niemand sorglos sein sollte, vor allem nicht bei engen Kontakten in geschlossenen Räumen.


Bildnachweis: © Sophia Kembowski/dpa
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