8. Oktober 2021 / Aus aller Welt

1500 Probanden drängeln für die Wissenschaft

Das Gedränge und Geschiebe an Bahnsteigen soll mit einem praktischen Versuch wissenschaftlich erforscht werden. Ziel: Bahnhöfe sicherer machen und sich auf steigende Passagierzahlen vorbereiten.

Probanden, mit grünen Mützen und Punkten zur Kameraerfassung markiert, simulieren im Rahmen eines Fußgänger-Experiments den Ein- und Ausstieg am Bahnsteig.

Sie tragen schwarze Kleidung und giftgrüne Kappen, auf denen ein QR-Code befestigt ist: 1500 Versuchspersonen drängeln in Düsseldorf im Dienst der Wissenschaft. In einer Halle simulieren sie vier Tage lang den Aufenthalt auf dem Bahnsteig in unterschiedlichen Situationen.

Simuliert wird der Aufenthalt auf einem Bahnsteig oder das Ein- und Aussteigen an Zugtüren. Die Forscher werden mit Kameras über ihren Köpfen die Bewegungen der Probanden aufzeichnen und Daten wie Herzschlag und Stresslevel erfassen.

Ziel sind neue Konzepte zur Steigerung der Sicherheit, des Komforts und der Effizienz in überfüllten Bahnhöfen. Die Bundesregierung fördert die Experimente mit 3,4 Millionen Euro. Bei 36 Millionen Passagieren im Öffentlichen Nahverkehr pro Tag - Tendenz steigend - gelte es, Belastungsspitzen abzufedern und die Bahnsteige baulich darauf einzustellen, sagte Prof. Armin Seyfried.

Wo sollten Bänke, Papierkörbe, Fahrpläne und Wagenstandsanzeiger stehen? Wo warten die Leute am liebsten? «Es gibt Menschen, die lieber im Gefahrenbereich nahe der Bahnsteigkante warten als Anderen zu nahe zu kommen. Andere fühlen sich nur mit einer Wand im Rücken wohl», berichteten die Forscher der Universitäten Wuppertal und Bochum sowie des Forschungszentrums Jülich.

Berufspendler verhalten sich anders als Fernreisende mit Gepäck oder alkoholisierte Fußballfans. In anderen Ländern trennen Wände mit Durchlässen die Menschenmenge von den Gleisen. Dies sei in Deutschland wegen der unterschiedlichen Zugtypen nicht möglich. Auch sogenannte «Pusher», die Menschen wie in Japan in die Züge drücken und Nachzügler fernhalten, sind im Versuchsdesign nicht vorgesehen.

Eine Lösung könnten aber Füllstandsanzeiger für die Züge sein: Wenn die Passagiere vorher wüssten, in welchen Waggons die leeren Plätze auf sie warten, könnte das Gedränge auf den Bahnsteigen entzerrt und deren volle Länge besser genutzt werden.

Acht Doktorarbeiten sollen aus den Experimenten entstehen. Wegen der Corona-Pandemie waren die Drängel-Experimente um eineinhalb Jahre verschoben worden. Nicht zuletzt könnten Maßnahmen, besonders dichtes Gedränge zu reduzieren, auch das Infektionsrisiko mindern.


Bildnachweis: © Oliver Berg/dpa
Copyright 2021, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Meistgelesene Artikel

Beben der Stärke 6,1 vor griechischer Insel Kreta
Aus aller Welt

In Griechenland bebt häufiger die Erde. Diesmal kommt es in der südlichen Ägäis vor Kreta zu einem Beben.

weiterlesen...
Mit dem Rad zur Arbeit
Gesundheit

Pressemitteilung der AOK Bayern

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

Weißer Ring: Mehr Straftäter im Maßregelvollzug
Aus aller Welt

Nach der Messerattacke in Hamburg und der Amokfahrt in Mannheim hat sich der Weiße Ring mit der Frage befasst: Wann werden psychisch kranke Menschen zu Tätern?

weiterlesen...
Fünf Badegäste gebissen: Polizist erschießt Zwei-Meter-Fisch
Aus aller Welt

In einem Badesee in Bayern hat ein Riesenwels für Aufregung gesorgt: Das 90-Kilogramm-Tier attackierte immer wieder Schwimmer. Bis ein Polizist zu seiner Dienstpistole griff.

weiterlesen...
Höchste Temperatur des Tages in Baden-Württemberg gemessen
Aus aller Welt

Der kalendarische Sommeranfang macht seinem Namen alle Ehre. Strahlender Sonnenschein zieht viele Menschen ins Freie. Am Sonntag kann es vielerorts noch heißer werden.

weiterlesen...