10. Mai 2022 / Aus aller Welt

Vergewaltigungs-Prozess in Hamburg ohne Öffentlichkeit

Die Vergewaltigung einer 15-Jährigen im Hamburger Stadtpark hat für große Empörung gesorgt. Jetzt stehen elf junge Männer vor Gericht.

Der Prozess gegen elf Angeklagte vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt.

Gut anderthalb Jahre nach der Vergewaltigung einer 15-Jährigen im Hamburger Stadtpark hat der Prozess gegen elf junge Männer begonnen.

Von den Details des Verfahrens am Landgericht wird allerdings nicht viel nach draußen dringen - die Jugendkammer schloss gleich zum Auftakt des Verfahrens die Öffentlichkeit aus. Die Intim- und Sexualsphäre der jugendlichen Nebenklägerin, aber auch der Angeklagten müsse geschützt werden, sagte die Vorsitzende Richterin Anne Meyer-Göring am Dienstag zur Begründung. Die Zuschauer mussten den Gerichtssaal vor Verlesung der Anklage verlassen.

Ein Angeklagter hat das Geschehen gefilmt

Zehn der Beschuldigten im Alter zwischen 18 und 22 Jahren sollen die 15-Jährige vergewaltigt haben, wie die Staatsanwaltschaft vorab mitgeteilt hatte. Einem elften Angeklagten werden Beihilfe sowie Herstellung jugendpornografischer Inhalte und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen vorgeworfen. Er soll das Geschehen mit dem Handy gefilmt haben. Diesen Vorwurf erhebt die Staatsanwaltschaft auch gegen einen der zehn Hauptangeklagten, der zudem die Handtasche mit Wertsachen des Mädchens gestohlen haben soll.

Die 15-Jährige hatte den Angaben zufolge am 19. September 2020 eine Party auf der Festwiese des Stadtparks besucht. Stark alkoholisiert sei sie am späten Abend auf einen der Angeklagten getroffen. Er habe sie in ein Gebüsch geführt. Dort seien drei weitere Angeklagte hinzugekommen. Die Männer hätten die Jugendliche teilweise unter Anwendung von Gewalt missbraucht. Danach sei die 15-Jährige noch zweimal in ein Gebüsch geführt und jeweils von anderen Angeklagten vergewaltigt worden. Die Beschuldigten hätten die eingeschränkte Widerstandsfähigkeit des Mädchens ausgenutzt, erklärte die Staatsanwaltschaft weiter.

Mit oder ohne Öffentlichkeit?

Den Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit hatten die Verteidiger und die Vertreterin der Nebenklägerin gestellt. Die Staatsanwaltschaft schloss sich dem nicht an. Auch einer der drei Angeklagten, die zur Tatzeit noch Jugendliche waren, widersprach nach Angaben der Richterin. Die Öffentlichkeit müsse sich ein Bild von den «wahren Umständen» der Tat machen können, habe er erklärt.

Der Gericht erkannte ein erhebliches öffentliches Interesse an. Aber der Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereichs der Nebenklägerin, der Angeklagten und zahlreicher minderjähriger Zeugen überwiege. Dies gelte besonders vor dem Hintergrund der bisherigen Medienberichterstattung und der «aufgeheizten Stimmung» in der Öffentlichkeit, sagte Meyer-Göring. Sie deutete an, dass wahrscheinlich auch die Plädoyers am Ende des Prozesses und Teile der mündlichen Urteilsbegründung nicht-öffentlich sein werden.

Wie weit kann der Schutz der Täter gehen?

Die Tat hatte im vorigen Jahr zu einer heftigen Debatte geführt. So wurde in einer Unterschriftensammlung die «Veröffentlichung der Gesichter der Täter» gefordert. Die Hamburger Polizei leitete nach Angaben der Staatsanwaltschaft 144 Ermittlungsverfahren ein. Dabei ging es unter anderem um Fotos, Adressen oder andere Details von mutmaßlichen Tätern, die veröffentlicht wurden. 79 der Verfahren seien an die Generalstaatsanwaltschaft abgegeben worden. Einige Fälle seien eingestellt worden, mangels Tatverdachts oder weil die Beschuldigten nicht strafmündig waren.

Laut einer Senatsantwort auf Kleine Anfragen der CDU- und der AfD-Bürgerschaftsfraktionen sind vier der Angeklagten Deutsche, sechs haben andere Staatsangehörigkeiten, bei einem ist die Nationalität unklar. Das Gericht hat einen Dolmetscher für Arabisch bestellt.

Ein Gerichtssprecher betonte, dass für die Angeklagten wie in jedem Strafverfahren bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gelte. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte: «Wir hoffen, dass das Hauptverfahren in einem anderen Klima stattfinden kann, in einem rechtsstaatlichen und fairen Umfeld.» Die Jugendkammer hat 41 weitere Verhandlungstermine bis zum 20. Dezember angesetzt.


Bildnachweis: © Markus Scholz/dpa
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