4. Oktober 2021 / Aus aller Welt

«Umwerfende Entdeckung» - Wie wir Temperaturen fühlen

Die Medizin-Nobelpreisträger haben uns nähergebracht, wie wir Schmerzen, Berührungen und Temperaturen wahrnehmen. Damit hat der diesjährige Preis auch etwas mit der Corona-Pandemie zu tun.

Eine Frau hält eine Tasse mit heißer Zitrone in ihren Händen.

Die Forschung der Nobelpreisträger in Physiologie oder Medizin dreht sich in diesem Jahr um Chilischoten, das Gefühl für Wärme und Kälte sowie Sensoren in den Nervenenden der Haut.

Warum diese wissenschaftlichen Durchbrüche so wichtig für die Menschheit sind, erklärt der Neurowissenschaftler Abdel El Manira vom für den Preis zuständigen Karolinska-Institut in Stockholm im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Frage: Der diesjährige Preis ist eher ein Physiologie- als ein Medizin-Nobelpreis. Wovon handelt der große Durchbruch der beiden diesjährigen Nobelpreisträger David Julius und Ardem Patapoutian?

Antwort: Nun, dass wir die Temperatur unserer Umgebung, unsere Position im Raum und auch unsere Interaktion mit der Außenwelt spüren, ist sehr wichtig für unser Überleben. Und diese Preisträger haben die Rezeptoren entdeckt, die Sensoren, mit denen wir Temperaturen empfinden. Wir spüren die Außentemperatur und auch die Berührung und die Bewegung unserer Körperteile. Diese Sensoren sind sehr wesentlich für unser physiologisches Wohlbefinden und Funktionieren.

Frage: Julius und Patapoutian wurden bereits vor einiger Zeit als mögliche Preisträger gehandelt. Warum ist es in diesem Jahr Zeit für diese beiden Ausnahmeforscher?

Antwort: Wir können da nicht ins Detail gehen, aber das ist eine absolut umwerfende Entdeckung, zu wissen, was uns sagt, dass es einen Temperaturwechsel gibt, dass es kalt draußen ist oder heiß. Und wie das in elektrische Aktivität umgewandelt wird, in Nervenimpulse, die an das Gehirn gesendet werden, um uns die Außenwelt bewusst zu machen und darauf zu reagieren. Ohne diese Reaktionen wären wir deutlich schlechter dran und könnten uns selbst schaden. Darüber hinaus gibt uns der Tastsinn dieses Gefühl der Nähe: Wenn wir etwa jemanden umarmen oder die Hand von jemandem schütteln, dann sind diese Rezeptoren ständig aktiv, um uns dieses Gefühl zu geben.

Frage: Händeschütteln ist ein gutes Stichwort, denn davon gab es pandemiebedingt in den vergangenen anderthalb Jahren nur wenig. Viele haben wegen der Corona-Pandemie vermutet, dass der Nobelpreis dieses Jahr an damit zusammenhängende Forschungsdurchbrüche geht, etwas an die Entwickler der Corona-Impfstoffe. War es dafür noch zu früh?

Antwort: Diese Frage hat angesichts der Pandemie ihre Relevanz. Was wir (während der Pandemie) getan haben: Wir haben weniger dieser Rezeptoren aktiviert, indem wir Social Distancing betrieben haben. Die Leute haben sich nach dem Händeschütteln und den Umarmungen von ihren Kindern oder Enkeln gesehnt, sie haben es vermisst. Auf diese Weise wissen Menschen, dass es diese TRPV1-Rezeptoren oder TRP-Kanäle sind, die aktiviert sind, wenn sie eine warme Umarmung wahrnehmen, und dass es die Piezo-Kanäle sind, die aktiviert sind, wenn sie Nähe und menschliche Interaktion spüren. Das war also auch während der Pandemie relevant - weil wir sie viel seltener aktiviert haben als normal.

ZUR PERSON: Abdel El Manira ist Professor für Neurowissenschaft am Stockholmer Karolinska-Institut. Er ist Mitglied der Nobelversammlung des Instituts, das alljährlich die Preisträger in der Nobelpreis-Kategorie Physiologie oder Medizin kürt.


Bildnachweis: © picture alliance / dpa
Copyright 2021, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Meistgelesene Artikel

Reparatur-Cafe im Bürgerhaus
Aktuelles aus der Region 10

Am Samstag öffnet wieder das Reparatur-Cafe

weiterlesen...
Metzgerei Richard Huber Gbr mit dem bayerischen Metzger Cup ausgezeichnet
Gastro

Preisverleihung mit Ministerpräsident Dr. Markus Söder und  Staatsminister Dr. Florian Herrmann in der Stadthalle Neusäß

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

Erneut Busunglück auf Autobahn: Mehr als 20 Verletzte in NRW
Aus aller Welt

Erst auf der A9, nun auf der A44: Zum zweiten Mal binnen weniger Tage kommt ein Reisebus von einer Autobahn ab und stürzt auf die Seite. Diesmal verunglückt eine Gruppe von Berufsschülern aus Warburg.

weiterlesen...
Erdbeben erschüttert Westgriechenland
Aus aller Welt

In Griechenland hat abermals die Erde gebebt. Gab es Opfer oder Schäden?

weiterlesen...
Straßburg jagt Falschparker mit Scan-Autos
Aus aller Welt

Parken ist in der Elsass-Metropole mitunter richtig teuer. Nun wird die Kontrolle ausgeweitet. Ist der Einsatz von Scan-Autos ein Muster für Deutschland?

weiterlesen...