27. Juli 2022 / Aus aller Welt

Entspannung in Waldbrandgebieten - Gefahr nicht gebannt

Seit Tagen kämpfen Hunderte Feuerwehrleute unermüdlich gegen die Waldbrände im Süden Brandenburgs und im Nationalpark Sächsische Schweiz - mit Erfolg. Endlich gibt es erste Zeichen der Entspannung.

Eine Feuerwehr rast im Nationalpark Sächsische Schweiz zum Einsatzort.

Joachim Wolff könnte über die vergangenen 48 Stunden ein Buch schreiben. Der Landwirt aus Kölsa blickt am Mittwoch auf die verbrannte Fläche vor seinen Ställen und schickt einmal mehr einen Dank an die Feuerwehrleute in die Luft. Gerade noch haben sie Restlöscharbeiten vor seinem Hof erledigt, Löschhubschrauber der Bundeswehr fliegen über den Tierzuchtbetrieb Richtung Waldbrandgebiet.

Seit Stunden sind die Helfer wieder im Einsatz, um den Großbrand im Elbe-Elster-Kreis auf 800 Hektar einzudämmen. Auf 500 Hektar ist das Feuer noch aktiv, Kreisbrandmeister Steffen Ludewig klingt etwas optimistischer, als er sagt: «Der Brand ist unter Kontrolle.» Die kräftezehrende Arbeit Hunderter Feuerwehrleute und anderer Einsatzkräfte in den Waldbrandgebieten im Süden Brandenburgs und im Nationalpark Sächsische Schweiz hat sich gelohnt. Die Lage sei aber noch angespannt, hieß es am Mittwoch.

Das Feuer, das am Montag in Brandenburg ausbrach und sich aufgrund von starkem Wind innerhalb kürzester Zeit auf eine Größe von fast 1200 Fußballfeldern durch Wald, Wiese und Acker fraß, griff auch nach dem Hof der Familie Wolff. «Wir haben gesagt, wir lassen unsere Tiere nicht allein», erzählte der 65-Jährige. Der Hof ist sein Lebenswerk, seit 1993 lebt er dort mit seiner Frau Bärbel und zwei Kindern.

Wind hat mitgespielt

Am Mittwoch schlugen Fahrzeuge des Technischen Hilfswerks (THW) breite Schneisen in die Wälder, damit die Einsatzfahrzeuge der Feuerwehren an die Brandorte kommen. Zum Glück habe der Wind mitgespielt, der deutlich schwächer wehte, sagte Philipp Haase, stellvertretender Waldbrandschutzbeauftragter des Landes Brandenburg. Er rechnet jedoch noch mit einem wochenlangen Einsatz, ehe alle Glutnester gelöscht sind.

«Das Feuer ist insgesamt unter Kontrolle, aber die Gefahr ist noch nicht gebannt, weil es sehr viele Glutnester gibt, die immer wieder aufflammen», betonte Haase. «Zudem haben die Löschhubschrauber sehr gute Arbeit geleistet.» Einige Maschinen wurden noch am Mittwoch abgezogen, weil sie nicht mehr benötigt wurden.

Nach dem Ausbruch des Feuers setzten Wolff und seine Nachbarn sich in ihre Landmaschinen und halfen zunächst den Einsatzkräften der Feuerwehr. Zunächst gelang das auch, aber dann brach ein Sturm los, der das Feuer immer weiter trug, berichtet der Landwirt. Die Koppeln brannten lichterloh.

Da fuhr er zur Familie und den Tieren, die Feuerwalze in Sichtweite. «Sowas habe ich noch nie gesehen», sagte Wolff. «Zehn Meter vor unserem Hof wurden die Flammen gestoppt. Das war wirklich sehr knapp, es brannte lichterloh.» Wenn die Feuerwehren nicht so schwer gearbeitet hätten, würde es seinen Betrieb nicht mehr geben, davon ist er überzeugt.

Zerklüftete Sächsische Schweiz

Die Bekämpfung der Flammen im Nationalpark Sächsische Schweiz konzentrierte sich am Mittwoch auf zwei der fünf Brandgebiete, sagte der Sprecher des Landratsamtes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Thomas Kunz. «Das Gebiet ist zerklüftet und nicht leicht zu erreichen.» Zudem erschwerten Totholz und die Witterung die Brandbekämpfung. Am Mittwoch waren knapp 150 Feuerwehrleute im Einsatz.

Das Feuer war am Wochenende im Nationalpark Böhmische Schweiz in Tschechien ausgebrochen und hatte am Montag auf den Nationalpark Sächsische Schweiz übergegriffen. Derzeit erstreckt es sich auf etwa 250 Hektar. In einigen Gebieten ist die Wasserzufuhr problematisch - es müssen lange Schlauchleitungen aus der Elbe und der Kirnitzsch gelegt werden. Zudem wird Löschwasser mittels Tankfahrzeugen in das Gebiet gebracht.

Nahe der deutschen Grenze kämpften in Tschechien rund 450 Feuerwehrleute weiter gegen einen der größten Waldbrände in der Geschichte des Landes. Die Flammen wüteten auf einer Fläche von rund zehn Quadratkilometern, wie ein Sprecher der Einsatzkräfte am Mittwoch mitteilte. Eine weitere Ausbreitung sei indes verhindert worden. Bisher mussten rund 450 Menschen ihre Häuser und Wohnungen verlassen.

Warnung an Touristen

In Bad Schandau auf deutscher Seite gilt seit Dienstag Katastrophenalarm. Touristen sollen das Gebiet meiden. Im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge dürfen bis auf weiteres die Wälder nicht mehr betreten werden - aber nicht alle halten sich daran.

Am Dienstag hatten sich 40 Menschen auf Feldern und Wegen am Waldrand in Reinhardtsdorf-Schöna (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) aufgehalten, wie die Polizei am Mittwoch mitteilte. Sie wurden auf das Verbot hingewiesen und des Platzes verwiesen. Gegen zehn Menschen, die gesperrte Wege benutzt hatten, wurde Anzeige erstattet.

Schmilka, ein Ortsteil von Bad Schandau an der deutsch-tschechischen Grenze, wirkt am Mittwoch wie ausgestorben. «Würden Sie hier Urlaub machen, wenn den ganzen Tag die Hubschrauber kreisen?», fragte Frank Demmer, Technischer Leiter des Unternehmens Hitzer, das in Schmilka unter anderem ein Biohotel, Restaurants, eine Mühle und eine Brauerei betreut.

Natürlich würden Gäste nun abreisen, oder sie hätten storniert. «Wir können ja keinen zwingen, hierzubleiben oder herzukommen. Die Urlauber haben Angst um ihre Kinder und dass alles noch schlimmer wird», berichtet Demmer. Er versuche, für die Gäste ein offenes Ohr zu haben und zu beruhigen.

Das Biohotel hat mehrere Beschäftigte aus dem benachbarten Tschechien. «Bei uns sieht es noch viel schlimmer aus», sagte eine junge Frau hinter dem Tresen. Dabei sei der Tourismus auch in Tschechien nach zwei Jahren Corona-Pandemie gerade erst wieder auf die Beine gekommen. Jetzt versuche man, wenigstens in Schmilka die Gäste so gut wie möglich zu betreuen.


Bildnachweis: © Robert Michael/dpa
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