25. April 2023 / Aus aller Welt

Auf den Spuren des Klimas - Arved Fuchs wird 70

Seit Jahrzehnten ist Arved Fuchs auf abenteuerlichen Reisen zwischen Nord- und Südpol unterwegs. Was ihn immer stärker umtreibt, ist der Klimawandel. Jetzt wird der Autor und Polarforscher 70 Jahre alt.

Arved Fuchs hat Sympathien für den Protest junger Menschen gegen die Klimapolitik, heißt aber nicht jede ihrer Aktionen gut.

Der Plan steht fest: Mit seinem auf vielen Nordmeerfahrten bewährten Segler «Dagmar Aaen» will Polarforscher und Autor Arved Fuchs schon bald nach seinem 70. Geburtstag (26. April) zur nächsten Etappe des Projekts «Ocean Change» aufbrechen. Sie führt die Crew in Nord- und Ostsee.

Als Basis dient Fuchs das Haus, in dem er aufgewachsen ist, am Rande der holsteinischen Kleinstadt Bad Bramstedt. Inmitten der von Mooren, Wäldern und Wiesen geprägten Landschaft konnte er schon als Kind seinem Abenteurer-, Entdecker- und Forscherdrang nachgehen. So war er mit einem selbst gebauten Floß und im Paddelboot auf heimischen Gewässern unterwegs. «Das war immer da», sagt Fuchs zum Abenteuerdrang.

Kein Fernseher, aber jede Menge Bücher

Einen Fernseher hatte die Arztfamilie nicht, dafür jede Menge Bücher - über Fridtjof Nansen und Roald Amundsen etwa, die den jungen Fuchs früh für die arktische Region einnahmen. Auch zählten Seefahrer zur Familie. Weltoffenheit gaben seine Eltern ihm mit und früh die Möglichkeit, das europäische Ausland kennenzulernen. Fuchs ging auf Wander-, Fahrrad- und Paddeltouren immer wieder in die Natur. «Die Nähe zu Skandinavien hat mich auch geprägt», sagt er.

Ging es bei den frühen Unternehmungen wie einer Grönlanddurchquerung auch noch stark um das Ausloten der eigenen körperlichen und psychischen Grenzen, kam für Fuchs im Laufe der Zeit immer stärker der Aspekt des Schutzes vor allem der verletzlichen polaren Regionen dazu. «Wenn man merkt, dass irgendetwas kaputt gemacht wird, dann ist mir das zumindest nicht egal. Ich bin immer ein politisch denkender Mensch gewesen.»

Bei der Nordpol-Icewalk-Expedition unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen, zu der Fuchs 1989 eingeladen wurde, ging es unter anderem bereits um den Klimawandel. «Das Thema Umwelt war immer ganz präsent.» Um die Jahrtausendwende habe er gemerkt, wie sich die Situation durch den Klimawandel im hohen Norden rasant verändert. «Wenn man solche Extremtouren macht, wird man zu einem guten Beobachter.» Er habe die Verpflichtung gespürt, darüber zu berichten.

Mit Reinhold Messner zu Fuß durch die Antarktis

Eine spektakuläre und weit über Deutschland hinaus wahrgenommene Expedition war 1989/90 zusammen mit dem Südtiroler Bergsteiger Reinhold Messner die Durchquerung der Antarktis zu Fuß. Dabei sagt Fuchs: «Der Nordpol ist ungleich schwerer als der Südpol.» An den Nordpol kann man nur im Winter bei eisigen Temperaturen über das driftende Meereis gelangen, das unwegsame Hindernisse aufbaut. «Die Belastung ist ungleich höher.» Zum Südpol komme man dagegen im Südsommer bei weniger kalten Temperaturen über festes Land. «Zwischen minus 35 und minus 50 Grad liegen Welten.» Fuchs' besondere Leistung damals: Als erster Mensch erreichte er Nord- und Südpol in einem Jahr.

2015 gründete Fuchs das Projekt «Ocean Change», bei dem es darum geht, die Veränderungen in den Ozeanen und um sie herum zu dokumentieren - etwa Auswirkungen von Klimawandel oder Vermüllung auf Natur und Menschen. Seit 2021 gibt es eine Verbindung zum Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, das während der Fahrten der «Dagmar Aaen» Daten aus Gegenden bekommt, in denen sonst niemand unterwegs ist. Fuchs betont aber, er sei kein Wissenschaftler. Die Zusammenarbeit könne helfen, dass Wissenschaft die Menschen erreicht. «Das Problem des Klimawandels lösen wir nur, wenn wir alle mitnehmen.»

Fuchs: Politik hat die Entwicklung verschlafen

Dazu gehört für Fuchs auch ein Bewusstseinswandel: «Warum muss ich mit dem SUV zum Brötchenholen fahren? Ich kann auch mit dem Fahrrad oder zu Fuß dahin kommen. Das ist kein Verlust von Lebensqualität, sondern das ist ein Gewinn.» Obwohl die Politik die Entwicklung aus seiner Sicht über Jahrzehnte verschlafen hat, bleibt der Mann mit grauem Haar und Bart Optimist. Es sei wichtig, dass die jungen Leute aufgestanden sind, dass eine Bewegung von unten komme.

Für den Kieler Klimaforscher Mojib Latif leistet Fuchs einen bedeutenden Beitrag. Er habe die Ergebnisse der Wissenschaft sichtbar und erlebbar gemacht. «Das ist bei einem so abstrakten Thema, wie es der Klimawandel lange war, gar nicht hoch genug zu einzuschätzen», lobt der Professor. «Die Beharrlichkeit von Arved Fuchs ist einer der Gründe dafür, dass die Bedrohung durch den Klimawandel inzwischen sehr vielen Menschen klar worden ist. Die Polarregionen sind zwar weit weg, und doch sind sie das Frühwarnsystem für die globale Erwärmung, was uns Arved Fuchs gelehrt hat.»

Das sagt Messner über seinen Expeditionspartner

Messner würdigt den Einsatz seines Antarktis-Expeditionspartners und betont ebenso wie Fuchs selbst, sie beide seien keine Wissenschaftler. «Aber wir haben beide eine hohe Glaubwürdigkeit, was die Erkenntnisse angeht, draußen auf hoher See oder auf den hohen Bergen, weil wir da sind, weil wir das sehen, weil wir es selber spüren.» Er sehe den Permafrost und die Gletscher verschwinden.

Arved Fuchs sei mit seinen Vorträgen und Erzählungen für viele Menschen besonders glaubwürdig. Entscheidend sei die Perspektive. «Arved Fuchs und ich sind in diesem Punkt auf der gleichen Ebene. Wir sind Geschichtenerzähler. Das ist die Glaubwürdigkeit, die wir haben.»

Fuchs hat seine Unternehmungen im Laufe der Jahre seinem Alter angepasst. «Mich interessieren heute andere Sachen als mit 35 oder mit 50 Jahren.» Man müsse sich eingestehen, dass die physische Belastbarkeit nachlässt. «Ich könnte heute keinen 130 Kilogramm schweren Schlitten mehr durch die Antarktis ziehen, das will ich aber auch gar nicht.» Auch müsse er nicht mehr bei Windstärke zehn in die Takelage klettern. Dafür habe er ein topfittes Team um sich.

Fuchs: Habe auch einfach Glück gehabt

Dass er bei seinen Expeditionen auch große Risiken eingehe, sei ihm immer bewusst gewesen, sagt Fuchs. «Trotz aller Planung und Logistik, die dahintersteht.» Bei einer akuten Erkrankung auf der «Ocean Change»-Fahrt im vergangenen Jahr habe er einfach Glück gehabt, räumt Fuchs ein. Das Schiff lag wegen schlechter Wetter- und Eisverhältnisse länger als geplant im Hafen und die notwendige Operation konnte in einem isländischen Krankenhaus vorgenommen werden. Fernab der Zivilisation hätte das schlecht ausgehen können, weiß er. Vielleicht gehe er mit Risiken anders um als andere Menschen. «Jedenfalls belastet mich das nicht», sagt der Expeditionsleiter.

Fuchs legt viel Wert darauf, Erfahrungen weiterzugeben, nicht nur in seinen Büchern und Vorträgen, auch in seinem Team, in dem viele junge Frauen und Männer mitarbeiten. Er mache sich schon Gedanken, was einmal mit seinem Schiff «Dagmar Aaen» passiert. Etwas mit Jugend und Umwelt wäre aus seiner Sicht schön, sagt Fuchs und macht den Eindruck, dass er noch am Anfang solcher Überlegungen steht.


Bildnachweis: © Christian Charisius/dpa
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