23. April 2024 / Aus aller Welt

Getöteter Joel: Geständnis und Mord-Plädoyers

Immer wieder gibt es beim Prozess rund um den getöteten sechsjährigen Joel Wendungen. Nun legt der Angeklagte ein neues Geständnis ab. Danach wurde teils auf Mord plädiert.

Kreuze, Figuren, Kerzen und Blumen stehen in Pragsdorf an der Stelle, wo die Leiche des kleinen Joel gefunden wurde.

Ein umfassendes Geständnis des Angeklagten hat erneut zu einer Wendung im Prozess um den getöteten sechsjährigen Joel aus Pragsdorf bei Neubrandenburg geführt.

Der 15 Jahre alte Angeklagte habe sich «weitergehend zur Sache eingelassen» teilte ein Sprecher des Landgerichts Neubrandenburg mit. «Die Prozessbeteiligten haben ihre Plädoyers gehalten. Wobei mehrjährige Jugendstrafen teilweise wegen Totschlags und teilweise wegen Mordes gefordert wurden.» Einzelheiten nannte er nicht. Der Prozess findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Handelte der Verdächtige doch alleine?

Nach Aussage der Vertreterin von Joels Eltern, Christine Habetha, sagte der Angeklagte anders als bisher erklärt aus, allein gehandelt zu haben. Zuerst hatte der «Nordkurier» berichtet. Der Angeklagte soll im vergangenen September Joel im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte geschlagen und erstochen haben.

Habetha sagte, die Staatsanwaltschaft habe acht Jahre Jugendstrafe wegen Mordes gefordert. Habetha selbst forderte demnach als Vertreterin der Nebenklage die Höchststrafe von zehn Jahren auch wegen Mordes und den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung. Der Verteidiger des Angeklagten habe auf Totschlag plädierte, wie ursprünglich angeklagt, und sieben Jahre gefordert.

Während des seit Februar laufenden Prozesses hatte es wiederholt Überraschungen gegeben. So war zu Beginn bekannt geworden, dass die Staatsanwaltschaft auch gegen den 17 Jahre alten Bruder des Angeklagten Ermittlungen eingeleitet hatte. Anfang April hatte der Angeklagte nach langem Schweigen dann ein Teilgeständnis abgelegt und von einer Beteiligung eines anderen Menschen gesprochen, bei dem es sich nicht um den Bruder handelte. Bei dem Geständnis am Dienstag war laut Habetha keine Rede mehr von einem Mittäter. Das Geständnis erfolgte demnach unter dem Eindruck der Beweislage, die einen weiteren Täter ausschließe. Laut Gericht soll am Donnerstag kommender Woche das Urteil verkündet werden.

DNA-Spur am Tatmesser

Der gewaltsame Tod des sechsjährigen Joel im vergangenen September hatte bundesweit Bestürzung ausgelöst. Die Staatsanwaltschaft wirft dem zum Tatzeitpunkt 14-Jährigen vor, Joel mehrfach ins Gesicht geschlagen und mit einem Messer mit einer Klingenlänge von circa 15 Zentimetern siebenmal auf ihn eingestochen zu haben. Der Teenager hatte sich früheren Angaben zufolge in Widersprüche verstrickt, zudem wurde demnach seine DNA-Spur am Tatmesser gefunden.

Die brutale Tat soll sich in einem Gebüsch am Bolzplatz in dem kleinen Dorf in Mecklenburg-Vorpommern abgespielt haben. Dort, wo Joel starb, standen Monate später noch Engelsfiguren, Erinnerungsstücke und ein größeres Kreuz. Der Angeklagte war zwischenzeitlich aus der Untersuchungshaft entlassen worden, weil das Gericht nach eigener Aussage keinen Haftgrund sah. Die Staatsanwaltschaft legte Widerspruch ein, und das Oberlandesgericht Rostock kassierte die Entscheidung.


Bildnachweis: © Bernd Wüstneck/dpa
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Meistgelesene Artikel

Polarlichter bringen Deutschlands Nachthimmel zum Leuchten
Aus aller Welt

Polarlichter haben am Wochenende für ein buntes Spektakel am Nachthimmel über Deutschland gesorgt. Auslöser dafür war ein extrem starker Sonnensturm.

weiterlesen...
19-Jährige tot in Kofferraum - Verdächtiger festgenommen
Aus aller Welt

Eine 19-Jährige liegt tot in einem Kofferraum. Die Polizei geht von einem Gewaltverbrechen aus. Ein Verdächtiger ist inzwischen festgenommen. Doch viele Fragen sind noch offen.

weiterlesen...
Wintereinbruch und Glätte-Unfälle in Bayern
Aus aller Welt

Winter im April: Schnee, Graupelschauer und Blitzeis haben den Freistaat am Wochenende heimgesucht - mit Folgen auf den Straßen.

weiterlesen...

Weitere Artikel derselben Kategorie

Hochwassernacht im Saarland - Scholz versichert Solidarität
Aus aller Welt

Der Kanzler macht sich nach den Unwettern im Saarland selbst ein Bild von der Lage. Konkrete finanzielle Hilfen des Bundes kündigt er nicht an, spricht aber von einer «Praxis der Solidarität».

weiterlesen...
Warum Fäkalien Großbritanniens Küste verpesten
Aus aller Welt

Kaum ein Land in Europa hat so viel Küste wie das Vereinigte Königreich. Doch die «Great British Seaside» wird zunehmend von Abwasser verschmutzt. Die Gründe dafür sind haarsträubend.

weiterlesen...
Neue Überschwemmungen in Afghanistan
Aus aller Welt

Vergangene Woche hatte Afghanistan nach Überschwemmungen über 300 Tote gemeldet. Nun hat heftiger Regen eine weitere Region unter Wasser gesetzt. Das Krisenland ist auf Extremwetter kaum vorbereitet.

weiterlesen...